Wenn der Kunde wegen Kosteneffizienz verloren geht – und wie wir ihn (oder die Marge) zurückholen

von Ulrich Köster

Warum dieses Thema jetzt zählt

Preis- und Kostendruck sind real. Gefährlich wird es, wenn „Kosteneffizienz“ zum Selbstzweck wird: Der Kunde erlebt weniger Leistungweniger Verlässlichkeit – und geht. Der Schaden ist doppelt: Umsatzverlust plus verbrannte Glaubwürdigkeit. Dieser Beitrag zeigt, wie wir Kosten senken ohne Kundennutzen zu beschädigen – messbar in OTIF, FPY, OEE, COGS/Unit und Net Revenue Retention.

Woran Sie den schleichenden Verlust erkennen

  • OTIF fällt, Eskalationen nehmen zu, Reaktionszeiten steigen.
  • Feature-/Service-Erosion: „Früher ging das…“ – heute nur noch gegen Aufpreis oder gar nicht.
  • Hidden Queueing: interne Priorisierung nach Auslastung statt Kundennutzen.
  • NPS sinkt, dafür steigt der Anteil an RfQ mit reinem Preisfokus.
  • Team-Symptome: mehr Firefighting, weniger Ownership.

Die typischen Ursachen (und ihr Antidot)

  1. Kosten > Kundensegmente
    – Problem: Einheitliche Sparrezepte für alle.
    – Lösung: Segmentlogik (HVP/LVP) mit klaren SLAs, Service-Levels pro Kundengruppe.
  2. Local Optima statt End-to-End
    – Problem: Einsparung in einer Abteilung erzeugt Folgekosten anderswo.
    – Lösung: E2E-Prozesskosten und Throughput statt Bereichsbudgets optimieren.
  3. Datenblindflug
    – Problem: Entscheidungen nach Bauchgefühl, KPI-Drift bleibt unbemerkt.
    – Lösung: Control Tower mit Ausnahme-Steuerung, Frühindikatoren und Ownern.
  4. Kostenkürzung = Leistungsabbau
    – Problem: Entfernte Services treffen die wertstiftenden Momente der Customer Journey.
    – Lösung: Cost-to-Serve redesignen: nicht alles weg, sondern anders (Self-Service, Automation, Standardpakete).
  5. Fehlender Value Narrative
    – Problem: Kunde versteht den Preis nicht.
    – Lösung: Value Communication: Outcome, Risikoabsicherung, TCO-Effekt belegen.

Das Playbook: Kosten runter, Kundennutzen rauf

1) North Star definieren

  • Zielbild: „Kostenführerschaft bei messbarer Service- und Qualitätsstabilität.“
  • Kern-KPIs: OTIF, FPY, OEE, COGS/Unit, NRR, NPS.

2) Segmentieren & priorisieren

  • HVP (High Value Products/Customers): verlässliche SLAs, Fast Lanes, dedizierte Ansprechpartner.
  • LVP (Standard): konsequent standardisiert, Self-Service, gebündelte Termine.
  • Allokation: nach Kundennutzen/Marge/Risiko, nicht nach Lautstärke.

3) Cost-to-Serve neu designen

  • Entbündeln: Was ist Pflicht (Regulatorik/Qualität), was ist Option (Premium-Services)?
  • Automatisieren: Bestell- und Änderungsprozesse, Stati, ETA, Standardreports.
  • Selbstbedienung: Portale, Templates, definierte Schnittstellen (API/EDI).

4) Operative Exzellenz sichern

  • Variabilisieren statt Streichen: flexible Kapazitäten, klare Schicht- & Rüstlogik.
  • First Time Right: Inline-Qualität, SPC, schnelle Root-Cause-Loops.
  • Standard-Dashboards: Heatmaps für Plan/Ist, Engpässe, Abweichungen – tägliche Steuerung.

5) Value kommunizieren

  • Preis = Leistung + Risikoabsicherung: Liefersicherheit, Compliance, Traceability sichtbar machen.
  • Before/After-Story: konkrete KPI-Verbesserungen beim Kunden (z. B. weniger Sonderaufträge, stabilere Produktion).
  • Transparente Optionen: „Gut – Besser – Exzellent“ statt one size.

6) Commercial Governance

  • Deal-Desk: prüft Margen, Servicepakete, Risiken vor Angebotsabgabe.
  • Win/Loss-Reviews: systematisch auswerten, Learnings in Pricing & Services zurückspielen.
  • Quarterly Value Review mit Top-Kunden: gemeinsame KPI-Sicht, Roadmap, Co-Innovation.

Praxisbeispiel (kompakt)

Ausgangslage: Zwei A-Kunden verloren, OTIF 88 %, steigende Ad-hoc-Kosten.
Maßnahmen: Segmentierung eingeführt, Cost-to-Serve entbündelt, Fast Lane für HVP, Control-Tower mit Ausnahme-Alerts, Deal-Desk etabliert.
Ergebnis nach 2 Quartalen: OTIF 95 %COGS/Unit −9 %NRR 104 %Sonderkosten −28 %.


30/60/90-Tage-Plan

30 Tage – Transparenz & Stop-Loss

  • Kunden nach HVP/LVP clustern, aktuelles Serviceversprechen je Segment definieren.
  • Top-10 Abwanderungsrisiken mit Frühindikatoren (z. B. Reklamationsrate, Reaktionszeit).
  • No surprise“-Regel: proaktive Kommunikation bei Abweichungen.

60 Tage – Redesign & Pilot

  • Cost-to-Serve entbündeln, Standardpakete schnüren, Premium-Optionen definieren.
  • Fast Lane für HVP pilotieren; klare Tickets, SLAs, Eskalation.
  • Deal-Desk live schalten, Angebotslogik mit Preisleitplanken.

90 Tage – Skalieren & Verankern

  • Control-Tower-KPIs in Daily/Weekly-Routinen, Owner & Maßnahmen-Tracker.
  • Quarterly Value Reviews mit Top-Kunden.
  • Win/Loss-Loop ins Pricing- und Service-Backlog integrieren.

Häufige Einwände – und Antworten

  • „Wir müssen sofort Kosten rausnehmen.“ → Ja, aber gezielt: Kosten aus Verschwendung, nicht aus Kundennutzen.
  • „Kunden wollen nur billig.“ → Manche ja. Deshalb Segmentlogik: Standard dort, Premium wo Wert da ist.
  • „Mehr Service frisst Marge.“ → Falsch designt: ja. Richtig entbündelt & automatisiert: Marge steigt.

Ihr Nutzen in einem Satz

Kosteneffizienz gewinnt nur, wenn sie Kundennutzen erhält – so sichern wir Umsatz, Marge und Reputation zugleich.

Hashtags

#Kundennutzen #CostToServe #NetRevenueRetention #SupplyChain #OperationsExcellence
#OTIF #OEE #FPY #COGS #Pricing #Segmentierung #ControlTower #CustomerSuccess #ValueSelling #HVP #LVP

Schreibe einen Kommentar