von Ulrich Köster
Wenn der Vorgesetzte nicht mehr kommuniziert – Ghosting im Unternehmen professionell lösen

Warum das Thema jetzt zählt
„Ghosting“ ist nicht nur ein Phänomen im Privatleben. Auch in Unternehmen verschwinden Vorgesetzte plötzlich von der Kommunikationsfläche: Mails bleiben unbeantwortet, Termine werden verschoben, Entscheidungen hängen in der Luft. Ergebnis: Verzögerungen, Demotivation und Risiko für OTIF, OEE, FPY und NPS. Dieser Beitrag zeigt, wie Sie als Führungskraft oder Bereichsleiter Ghosting sichtbar machen, entschärfen und nachhaltig verhindern – mit klarem Fokus auf Kundennutzen und Ergebnissen.
Was Kund:innen konkret spüren
- Langsamere Entscheidungen, verspätete Lieferzusagen
- Qualitätsdrift, weil Eskalationen nicht beantwortet werden
- Intransparente Prioritäten, mehr Nacharbeit und Firefighting
Woran Sie Ghosting erkennen (Frühindikatoren)
- Wiederholte No-Show in Regelterminen ohne Stellvertretung
- Antwortlatenz > 72 h bei kritischen Themen (Kunde, Qualität, Sicherheit)
- Unklare Verantwortlichkeiten: „Dafür bin ich nicht zuständig“
- Entscheidungs-Stau: Tickets altern, Projekte rutschen aus der Roadmap
KPI-Set zur Objektivierung:
- Decision Lead Time (Anfrage → Entscheidung)
- Eskalationsquote (# Eskalationen / Monat)
- Ticket Age (Durchschnittsalter Top-20)
- Commit Reliability (zugesagte vs. tatsächliche Termine)
Die wahren Ursachen – und wie Sie sie adressieren
- Überlastung / Priorisierungslücke
→ Arbeitslast visualisieren, klare WIP-Limits, Stellvertretungen definieren. - Rollen- & Erwartungsunklarheit
→ RACI je Prozessschnittstelle, „Definition of Ready/Done“, Service-Level für Entscheidungen. - Vermeidungskultur / Konfliktangst
→ Psychologische Sicherheit fördern, Regeln für „unpopuläre Entscheidungen“. - Strukturelle Anreize (falsche KPIs)
→ Metriken auf End-to-End-Ergebnis ausrichten (Kundennutzen > lokales Optimum).
Das Playbook gegen Ghosting (pragmatisch & messbar)
1) Sichtbarmachen statt mutmaßen
- Board/Control Tower: Alle offenen Entscheidungen (Owner, Fällig, Status, Blocker) sichtbar.
- SLA für Entscheidungen: z. B. kritisch 24 h, hoch 48 h, normal 5 AT.
- Vertretungsregel: Für jede Führungsrolle eine*n „Deputy“ benennen.
2) Kommunikationsrhythmus fixieren
- Weekly Leadership Stand-up (15 Min): Top-5 Entscheidungen, Risiken, nächste Zusagen.
- Daily Ops Sync (10 Min): Abweichungen, Kundenrisiken, heutige Freigaben.
- Quartals-Review: Governance, KPI-Trends, Lessons Learned.
3) Eskalationsweg klären (ohne Drama)
- Level 1: Peer-Reminder (freundlich, faktenbasiert)
- Level 2: Deputy/Vertretung mit Deadline
- Level 3: Formale Eskalation ans Steering (inkl. Business-Impact)
- Prinzip: Quiet escalation, loud accountability.
4) Entscheidungsqualität absichern
- Decision Packs (1 Seite): Problem, Optionen, KPI-Impact, Empfehlung, Risiko, „Time-to-No“.
- Pre-Mortem light (15 Min): „Was könnte diese Entscheidung kippen?“
- Red-Team-Fragen: „Welche Annahme muss wahr sein? Wo ist der Single Point of Failure?“
5) Kulturarbeit – Führung als Service
- „Reply-by-Design“: Auch ein „Nein/Kommt später“ in 2 Sätzen ist Führung.
- Feedback-Ritual: Stop/Start/Continue je Quartal.
- Vorbildfunktion: Führung reagiert zeitnah & transparent, auch bei schlechten Nachrichten.
Praxis-Mustertexte (sofort nutzbar)
Reminder (freundlich & klar):
Betreff: Entscheidung benötigt bis Mi, 14:00 – [Thema/Ticket-#]
Kurzupdate: [1 Satz Kontext].
Optionen: A/B (Impact: OTIF +2 pp vs. +1 pp).
Empfehlung: Option A.
Bitte Entscheidung bis Mi, 14:00 – sonst ziehen wir Option A als Default. Danke!
Deputy-Eskalation (sachlich):
Betreff: Stellvertretende Entscheidung – [Thema]
Wir benötigen die Freigabe bis heute 16:00. Falls nicht möglich, entscheide ich stellvertretend gemäß Option A und dokumentiere im Decision Log.
Steering-Eskalation (objektiv):
Betreff: L3-Eskalation – Liefer- & Qualitätsrisiko [Kunde X]
Decision Lead Time überschritten (+5 AT). Risiko: OTIF −3 pp, PPM +400.
Erbeten: Entscheidung/Owner bis morgen 10:00. Decision Pack anbei.
30/60/90-Tage-Plan
30 Tage – Transparenz & Takt
- Decision Board live, SLAs vereinbart, Deputies benannt.
- Baseline der KPIs (Lead Time, Ticket Age, Commit Reliability).
60 Tage – Disziplin & Routinen
- Weekly Leadership Stand-up stabil, Eskalationspfad geübt.
- Decision Packs Standard, Time-to-No < 48 h für „hoch“.
90 Tage – Verstetigung & Kultur
- KPI-Verbesserung: Lead Time −30 %, Commit Reliability +20 pp.
- Feedback-Ritual implementiert, Lessons Learned in Guideline gegossen.
Do & Don’t (kompakt)
Do: objektivieren, SLAs, Vertretung, kurze Schleifen, schriftliche Entscheidungen.
Don’t: schuldigen, interpretieren, endlose Mails, „Stillhalten bis es besser wird“.
Governance & Messbarkeit
- OPS-Board (monatlich): Trends, Bottlenecks, Maßnahmen.
- Benefit-Tracking: Entscheider-Disziplin → Service, Qualität, Cash.
- Audit-Ready: Entscheidungen, Eskalationen, Timings dokumentiert.
Ihr Nutzen in einem Satz
Wenn Führung sichtbar, schnell und verlässlich entscheidet, verschwinden Ghosting-Effekte – und Kundennutzen, Teamtempo und Marge steigen.
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